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© Marc Lins

Theater

Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte?

Elfriede Jelineks sehr freie Fortschreibung von Henrik Ibsens bürgerlichem Beziehungsdrama setzt an dessen Schluss ein, als Nora Mann und Kinder verlässt – und in ein selbstbestimmtes Leben aufbricht. Ein theatraler Angriff auf wertekonforme Theorien und die Emanzipationsbewegung. Schonungslos, obszön.

Ihr Befreiungsversuch endet in einem bösen Reigen der Desillusionierung, nachdem sie sich zum Spielball ökonomischer Interessen der Männergesellschaft hat machen lassen. Jelineks erster Theatertext ist eine kritische Auseinandersetzung mit der feministischen Bewegung der 70er Jahre, die die ökonomischen Zusammenhänge weiblicher Emanzipation ausblendet.

In ihrem Text revoltiert die Autorin gegen Bedeutung und Tiefe; das Subjekt, ob männlich oder weiblich, mächtig oder ohnmächtig, wird austauschbar. Doch wohin steuern Elfriede Jelineks Figuren in einer Gesellschaft, die verbindliche regulative Werte zunehmend unter das Diktat der Verwertbarkeit stellt? Erfahren bürgerlich-feudale Werte und Rollenmuster in der Kontrollgesellschaft eine vermeintlich freiwillige Renaissance? Unterwirft sich vor allem das weibliche Subjekt weiterhin archaischen Rollenbildern, die freilich spätmodern lässig daherkommen?

Inszenierung: Ali M. Abdullah
Ausstattung: Renato Uz
Dramaturgie: Hannah Lioba Egenolf

Mit: Katrin Grumeth, Anita Gramser, Dennis Cubic, Marc Fischer, Wir haben uns lieb bis eine heult (Verena Dürr & Ulla Rauter)