meister-und-margarita-c-horn-982.jpg

© Matthias Horn

Theater

Meister und Margarita

Showtimes

Vergangene Showtimes

19:00 - 22:00 Abgesagt
Akademietheater
19:00 - 22:00
Akademietheater
18:00 - 23:59
Akademietheater
19:00 - 23:59
Akademietheater
19:00 - 23:59
Akademietheater
Weitere Showtimes anzeigen
18:00 - 23:59
Akademietheater
19:00 - 23:59
Akademietheater
19:00 - 23:59
Akademietheater
19:00 - 23:59
Akademietheater
19:00 - 23:59
Akademietheater
19:00 - 22:00
Akademietheater
19:00 - 22:00
Akademietheater
19:00 - 22:00
Akademietheater
19:00 - 22:00
Akademietheater
Weitere Showtimes anzeigen
19:00 - 22:00
Akademietheater
19:00 - 22:00
Akademietheater
19:00 - 22:00
Akademietheater

Was tun, wenn Satan in die Stadt kommt? Sich auf den Boden werfen? Um Gnade bitten? Beten? All das versuchen die Menschen in Bulgakows Roman erst gar nicht, sondern gieren auf ihren nächsten Vorteil, einen Respektbeweis, die nächste Beförderung oder die nächstgrößere Wohnung.

Was tun, wenn Satan in die Stadt kommt? Sich auf den Boden werfen? Um Gnade bitten? Beten? All das versuchen die Menschen in Bulgakows Roman erst gar nicht, sondern gieren auf ihren nächsten Vorteil, einen Respektbeweis, die nächste Beförderung oder die nächstgrößere Wohnung. Einander gegenseitig misstrauend, schmierig, in vollendetem Opportunismus und — zugleich sehr menschlich. Die kleinen Spielchen im Büro. Alle leben endgültig ohne Glauben; nur, dass es keinen Gott gibt, das wissen sie sehr genau. Der neuangekommene Satan verwirrt die Städtebewohner*innen mit seiner Transzendenz, erweckt die Toten zum Leben und veranstaltet einen Ball. Erst auf Seite 165 tritt der Meister auf.

Sein Lebenswerk, ein Roman, erzählt von den Leiden des Pontius Pilatus’ in Jerusalem am Tage der Kreuzigung. Der zart depressive, von Kopfschmerzen geplagte römische Prokurator begeht den größten Fehler der Menschheit, denn eigentlich will er diesen freundlichen und witzigen Jeshua Ha­Nozri nicht hinrichten lassen, aber die Verhältnisse lassen ihm keine Wahl. Den Roman lehnt der Schriftstellerverband zur Veröffentlichung ab, trotzdem erscheinen vernichtende Kritiken und den Meister trifft der Spott der kulturellen Öffentlichkeit. Margarita, seine Geliebte, glaubt er verloren, doch sie, „in deren Augen ständig ein rätselhaftes Flämmchen brannte“, lässt sich vom Satan als Ballkönigin anwerben und weil sie ihre Rolle so exzellent ausführt, darf sie mit dem Meister, ihrer großen Liebe, sterben. Auf dem Weg in die ewige Ruhe führt Satan sie an Jerusalem vorbei, wo sie Pilatus erlösen und mit seinem einzigen Freund Jeshua gemeinsam in die Ewigkeit entlassen wird. Am Ende siegen Freundschaft und Liebe über alles Totalitäre. Allerdings nur im Tod.

Im Moskau der 1920er und 30er Jahre wird Michail Bulgakow zuerst nur angefeindet, gerät aber zunehmend in Konflikt mit der Geheimpolizei, bis seine Stücke nicht mehr gespielt und keine Zeile mehr veröffentlicht werden dürfen. Er passt sich weiterhin nicht an, verweigert sich der Verherrlichungsprosa und vor allem nachts verarbeitet er schreibend die Demütigungen durch das System. Bis zu seinem Tod 1940 arbeitet er an Meister und Margarita, wissend, dass er dies nie veröffentlichen wird. Allerhöchstens liest er auf seinen zahlreichen Abendgesellschaften Freunden daraus vor. Bis zu seinem Tode diktiert er Jelena Änderungen.

Diese Zusammenarbeit formt den Stoff und verwandelt all den Schrecken in Satire, getragen von einem tiefen Humanismus. Erst 1966 erscheint der Roman und gehört umgehend zur Weltliteratur: Die lustvolle Erbitterung des Genies, das mit geschmeidigen Gedanken ficht gegen eine Welt von Sachverwaltern und Opportunisten, die sich im Angesicht nahender Katastrophen gegeneinander wenden. Eine Allzweckwaffe gegen die Verrohung der Verhältnisse. Daran hat sich nichts geändert, nur dass allein das Wort heute nicht mehr ausreicht.

Die bildende Künstlerin Ene­Liis Semper und der Regisseur Tiit Ojasoo leiten gemeinsam seit 2004 das Theater NO99 in Tallinn, Estland. Nach 100 Inszenierungen, so der Plan bei der Gründung, wollen sie sich auflösen. Im Jänner 2019 ist es dann soweit. 100 Arbeiten ihres Theaters, aufregend und innovativ, visuell stark und ausgeprägt physisch. Viele reisten über Jahre zu den Festivals in der ganzen Welt, mehrfach auch zu den Wiener Festwochen. Im deutschsprachigen Raum waren Semper und Ojasoo in Hamburg, München, Luzern tätig, jetzt arbeiten sie zum ersten Mal in Wien.