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© Kunsthalle Wien

Kunstausstellung

Eva Egermann, Halt dich fern, aber halt mich, 2020

Showtimes

Vergangene Showtimes

Halt dich fern, aber halt mich, 2020
Titel nach einem Zitat/Text von Ianina Ilitcheva, 183 days (95/183), 2015

Orte und Laufzeit: Transparente und Plakate an verschiedenen Orten im öffentlichen Raum Wiens (Mariahilfer Straße 1b, 1060 Wien; Central Garden, 1020 Wien …) & Tote Bag, ab 15. Juli 2020

In ihrer forschungsbasierten und kollaborativen Praxis beschäftigt sich Eva Egermann (geb. 1979 in Wien, lebt und arbeitet in Wien) mit aktivistischen Strategien, unterschiedlichen Subkulturen und einer Vielzahl von wenig bekannten künstlerischen Ausdrucksmitteln. Sie kombiniert, transformiert und montiert vorgefundene Bilder und Textfragmente zu vielschichtigen Collagen, die im öffentlichen Raum oder Publikationen präsentiert werden. Egermanns Arbeiten und Interventionen entlarven binäre Konstellationen wie Gesundheit/Krankheit, Fähigkeit/Unfähigkeit, Verletzlichkeit/Stärke oder Queerness/Straightness als Konstruktionen, die unser Leben steuern, und zielen beharrlich auf die künstlerische Neuverhandlung der Wirklichkeit ab.

Für KISS hat Eva Egermann Plakate und Banner gestaltet, die im öffentlichen Raum, verteilt über die Stadt, zu sehen sind. Die Arbeiten tauchen an unerwarteten Stellen auf. Sie sind in einer ungewöhnlichen Schriftart gestaltet. Die eindringlichen poetischen Slogans erzählen von physischen und emotionalen Abhängigkeiten, hedonistischer Leidenschaft und kosmischen Verbindungen. Sie sind forsche Gegenvorschläge zu den politischen Maßnahmen des Social Distancings und des Lockdowns – durch das Umdeuten diverser Sicherheitsvorschriften unterwandern sie die Einschränkungen des Körperkontakts.

Im Wesentlichen beziehen sich die Arbeiten jedoch nicht direkt auf die jetzige Post-Pandemie-Phase. Egermanns Materialquellen sind Twitter-Einträge und Gedichte der usbekisch-österreichischen Autorin Ianina Ilitcheva (@blutundkaffee), die sich 2015 für ein halbes Jahr in Selbstisolation begeben hatte. Ilitcheva litt unter einer seltenen Krankheit, an der sie 2016 schließlich auch starb. Die Selbstisolation – Schutz und Experiment, Möglichkeit und Fluch zugleich – wurde zu einem Raum, in dem sie sich mit Berührung, Begegnung und gegenseitigen Abhängigkeiten auseinandersetzen konnte und unser Verständnis von „Unabhängigkeit“ als leistungsorientierte und ableistische Fiktion hinterfragte.

Die Stärke von Egermanns Repräsentation liegt in der räumlichen und zeitlichen Rekontextualisierung von Ilitchevas Worten, die sie von der privaten in die öffentliche Sphäre, vom Bildschirm auf die Straße und von Times New Roman zu Comic Sans (eine der wenigen Schriftarten, die für Legastheniker*innen leicht lesbar sind) überführt – persönliche Aufzeichnungen und Gedanken als Spiegel gemeinsamer Sehnsüchten, die in die Abgeschiedenheit gedrängt oder komplett stillgelegt werden.

Am 24. Juli ab 18:00 hosten wir einem Abend mit Eva Egermann und ihren Gästen, lesen, schauen Filme und sprechen über crip-/queere (Sub-)Kulturen, Zukünfte des Aufeinanderaufpassens und biopolitisches Management in Krisenzeiten.

Eva Egermann liest weitere Passagen aus Ianina Ilitchevas Texten. Alice Romily Waldens utopische Videoarbeit Notes from the Underlands (eine Auftragsarbeit des HAU Hebbel am Ufer, Berlin, für das Projekt Manifestos for Queer Futures) wird im Loop gezeigt. Der Crip-Trans-Aktivist* Em Gruber hält eine Rede und reflektiert über Ideologien der Sozialeugenik, Pandemien und das Recht auf Selbstbestimmung.

Poetische Verse der Autorin Ianina Ilitcheva rahmen die Wänden und Türen des Central Garden – und bilden zugleich den Horizont unserer Unterhaltung.

Eintritt frei!

Mit freundlicher Unterstützung von Central Garden & Salon du Smog