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© Anja Köhler

Theater

Cold Songs: Rom

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PROLOG
AUF DEM KARL-TIZIAN-PLATZ
Der Auftakt zu COLD SONGS: ROM wird von dem am Vorarlberger Landestheater neu gegründeten Bürgerinnenchor mit dem Beginn von Shakespeares CORIOLANUS bestritten. Auf dem Weg zum Kapitol, wo sich die römischen Bürgerinnen endlich ihr Recht auf faire Kornpreise und die Teilhabe am Wohlstand der Stadt einfordern wollen, werden sie von einer Gruppe der herrschenden Patrizier mit einem Gleichnis vom „Streit der Glieder mit dem Magen“ aufgehalten.

CORIOLANUS
WILLIAM SHAKESPEARE
Von seiner Mutter Volumnia zu einer Kampfmaschine erzogen, erobert Gaius Martius im Feldzug gegen die aufständischen Volsker die Stadt Corioli im Alleingang, worauf er fortan Coriolanus genannt wird. Nun wird ihm sogar das Amt des Konsuls angetragen. Widerwillig beugt sich Coriolanus der politischen Gepflogenheit, das Volk um die Zustimmung zu seiner Wahl zu bitten. Denn er verabscheut das Volk und lässt seinen Pöbeleien gegen die Bürger*innen Roms und die Volkstribunen, deren Amt zur politischen Mitsprache des Volkes neu geschaffen wurde, immer wieder freien Lauf. Für den römischen Staat wird er untragbar und daraufhin verbannt. Coriolanus läuft über zu seinem liebsten Feind Aufidius, dem Anführer der Volsker, mit dem er sich schon so manchen Zweikampf geliefert hat. Gemeinsam mit ihm will er gegen Rom ziehen.

Shakespeare greift mit seinem Coriolanus einen Gründungsmythos des alten Roms auf, der sich auf ein Staatsgebilde mit republikanischen Zügen bezieht. Allerdings schliesst die herrschende Klasse das Volk von Wohlstand und politischer Mitsprache weitestgehend aus und macht sich abhängig von seiner militärischen Stärke und somit von Kämpfern wie Coriolanus.

Die Anklänge in unserer Gegenwart sind augenfällig. Das Phänomen der sogenannten „Strong Men“, die sich als politische Machthaber und Alleinherrscher installieren, hat in unserer jüngsten Vergangenheit und Gegenwart Konjunktur. Bürger*innen fordern ihr Recht auf Teilhabe am Wohlstand und Mitbestimmung, weil der Abstand zwischen Arm und Reich immer grösser und greifbarer wird. Grundverabredungen des (demokratischen) Zusammenlebens scheinen oft nicht mehr zu gelten.

DER IDEALE STAAT IN MIR
BETTINA ERASMY (Uraufführung)

Bettina Erasmy hat einen Monolog geschrieben, der Machtfragen, ihre mediale Durchsetzung und Behauptung, in unserer Gegenwart reflektiert. Längst wird das „Was“ vom „Wie“ regiert. Der Influencer hat herkömmliche diktatorische Schreckgestalten abgelöst. Der ideale Staat des Influencers, wie er ihn sich vorstellt, kann in letzter Konsequenz nur unter seiner totalen Kontrolle existieren. Der Staat wird zu seiner Privatangelegenheit und damit inexistent.

Beruhigend wäre, wenn hier von einem Blick in die Zukunft gesprochen werden könnte. Aber, wie stark verstricken wir uns bereits heute immer tiefer in solche und ähnliche Strukturen?

Sie haben ab 20.00 Uhr die Möglichkeit, diesen Monolog in der Box anzusehen. Da das Platzangebot begrenzt ist, empfehlen wir eine rechtzeitige Reservierung im Kartenbüro. Jene, die an diesem Abend das Stück nicht sehen konnten, erhalten eine Freikarte für eine Vorstellung im Laufe der Spielzeit.

JULIUS CAESAR
WILLIAM SHAKESPEARE
„Brutus ist ein ehrenwerter Mann, das sind sie alle, alle ehrenwert.“ Es sind Worte scharf wie Messer, diese Worte aus der Rede des Antonius, der nach der Ermordung von Julius Caesar das Volk, das gerade noch den Verschwörern Brutus, Cassius und Casca folgen wollte, zurück gewinnt.
Die Lage ist undurchsichtig in Shakespeares Rom: wer schützt die Interessen des Volks, befördert das Wohlergehen des Landes, wer will sich nur bereichern? Wer ist demokratisch gesinnter Herrscher, wer denkt an Autokratie, gar Tyrannei? Sind die Verschwörer frei von Eigennutz? Und: sind sie sich untereinander auch wirklich einig, oder werden die Iden des März zum Auftakt eines großen Mordens? Eine undurchschaubare Gemengelage, bei den „ehrenwerten Männern“.
Und das Volk?! Schwierig. Uneins und orientierungslos, wirft es sich den Demagogen, den Populisten in die Arme. Folgt dankbar und resigniert demjenigen, der es in Sicherheit wiegt, der die kräftigsten, nicht die klügsten und wahrsten, Argumente hat ...

Nein, Shakespeares Werk hat nicht an Relevanz verloren, nicht an Gültigkeit als Abbild einer im Ausverkauf befindlichen politischen Klasse, die skrupellos auch den Ausverkauf des Staates zu betreiben bereit ist: „alle, alle ehrenwert.“ Es fällt nicht schwer, Verbindungen zur Gegenwart zu ziehen, mit ihren ehrenwerten Männern.